Die Grenzgänger

Wir zahlen keine Miete mehr

Wir haben unsre Bleibe
Dort draußen, wo die letzten Häuser stehn
Dort, wo die Straßenbahnen nicht mehr gehn
Man fährt dort hin per Rad
Im Fenster fehlt die Scheibe
Doch sonst fehlt nicht das Allerkleinste da
Zwei helle Zimmer, Küche, Lodgia
Mit Korridor und Bad

Wir zahlen keine Miete mehr
wir sind auf der Lichte zu Haus
und ist die Zelle noch so klein
wir machen uns gar nichts daraus
Ein Meter fünfzig im Quadrat
wir haben ja wenig Gepäck
und wenn die Zelle nur nen Strohsack hat
und wir werden halbwegs satt
dann ziehn wir nicht wieder weg

Doch kommt einmal ein Morgen
Da bleibt ein gutes Frühstück unberührt
Noch gestern Abend hast du nichts gespürt
Am Stammtisch im Verein
Vorbei sind jetzt die Sorgen
Zwei Schaufeln heben frische Erde aus
Zwei Rappen führen dich im Trab hinaus
Zurück fahrn sie allein

Dann zahlst du keine Miete mehr
Und bist im Grünen zu Haus
Nur hin und wieder kommt mal wer
Mit einem Erikastrauß
Dein Häuschen ist nicht allzu groß
Du hast ja wenig Gepäck
Und dann schläfst du wie in Mutters Schoß
Mühelos und sorgenlos
Da ziehst du nie wieder weg

Original-Text: Walter Reisch , Musik: Werner Richard Heymann ,
1932 für den Film “Ein blonder Traum” – zweite Strophe entstanden im KZ Lichtenburg