Die Grenzgänger

Empfehlung für den Unterricht

Schon als Junge wusste der Sänger Michael Zachcial von den Grenzgängern, was sich da 50 Jahre zuvor im Hamborner Rathaus, auf das er immer aus dem Küchenfenster blickte, abgespielt hatte. Die Rote Ruhrarmee, die in diesem Duisburger Stadtteil besonders stark war, hatte dort Anfang 1920 für einige Wochen Quartier bezogen. Diese zweite Märzrevolution nach 1848, in der Rotgardisten im ganzen Land die junge Weimarer Demokratie gegen den rechtsgerichteten Kapp-Putsch der Freikorps verteidigten, ist fast vergessen. Zum Dank ließ die sozialdemokratische Regierung unter Friedrich Ebert, kaum befreit, die gleichen Freikorps Wochen später auf die Rotgardisten los. Mindestens 1.000 wurden im Ruhrgebict grausam ermordet. Die Einschusslöcher fielen noch Jahrzehnte später in Duisburg auf.

Beim Festival „Lied und Politik“ in Berlin stellten die Grenzgänger zusammen mit Frank Baier ihre aktuelle CD vor: 1920 — Lieder der Märzrevolution. Selten war Geschichte so aufregend zu hören, zu lesen und zu wippen. Das sorgfältig editierte Textbuch (68 Seiten!), enthält alte Revolutionslieder und politische Moritaten, auch viele historische Informationen. Aber neuere Texte sind ebenso dabei, deren beißendster Spott der SPD vorbehalten ist, der sie auch noch heute „gern die Hosen stramm ziehen“ (Baier) würden. Musikalisch sind die alten Liedermachertraditionen modern und kräftig arrangiert, vieles aber auch in verhalten-melodischer Trauer der Ballade belassen.

Im „März-Rap“ zeigt Frank Baier zusammen mit den Sons of Gastarbeita, warum es absolut Sinn macht, sich die Revolution von 1920 auch wieder „zurückzurappen“: „Und dich wundert / warum das alles so läuft – / warum sich statt der Hoffnung / die Gleichgültigkeit häuft.“

Nicht nur für jede(n) Geschichtslehrer(in) ist das Projekt „Märzrevolution“ ein Kleinod.

Brigitta Huhnke, im Folker, Mai 2006