Die Grenzgänger

Hölderlin (Georg Herwegh)

Den Klugen leiten sicher stets die Horen
Nur mit dem Genius spielen oft die Winde
Daß er, so Glück wie Unglück, früher finde
Wird er mit Schwingen in die Welt geboren

Doch bleibt ihm treu die Gottheit zugeschworen
Sie legt am bösen Tag dem armen Kinde
Mit weicher Hand ums Aug‘ des Wahnsinns Binde
Daß es nie sehe, was das Herz verloren

Die Götter haben freundlich dein gedacht
Die du so fromm gehalten einst in Ehren
Und lebend schon dich aus der Welt gebracht

Nichts Irdisches kann fürder dich versehren
Und reiner, denn ein Stern zum Schoß der Nacht
Wirst du zurück zur großen Mutter kehren

Text: Georg Herwegh
in: Lieder eines Lebendigen (1841)