Die Grenzgänger

1920 (Kapp-Putsch)

Wie alt ist deine Oma,
sechzig, siebzig oder achtig?
Als sie geboren wurde,
da machte dieses Land sich
Auf einen neuen Weg,
von der Monarchie
quasi über Nacht in die Demokratie
Da waren aber Leute,
die wollten keinen Wandel,
die verdienten Milliarden –
am Krieg, am Waffenhandel –
und diese alte Militaristenbande
War hierzulande
noch zu sehr viel imstande
doch war da die neue Regierung im Lande
die hatte man gewählt wegen ihrer Versprechen,
die großen Ländereien, Stahlwerke und Zechen
Sollten allen gehören,
nicht nur ein paar Bossen,
Die Rehrücken, Trüffel
und Champagner genossen
Während Soldaten
auf hungernde Arbeiter schossen
Und was tat die SPD
in Berlin an der Spree?
Schlossen Kompromisse
und taten niemandem weh
Und die alte Elite saß fett und träg
wie die Made im Speck,
und ging nicht von selber weg

Hörst du jetzt mal her –
oder willst du’s gar nicht wissen?
Wie Menschenwölfe Menschenschafe zerrissen.
Verschluckst du dich beflissen
an gewissen Leckerbissen?
Denkst du dein Gewissen
ist ein sanftes Ruhekissen?
Dann halte dir am besten jetzt die Ohren zu –
Denn worum es hier geht: das ist ein Tabu.
Was soll das Ganze, fragst du –
wen juckt dat schon:
1920 – die Revolution

1 9 2 0 – es war März in diesem Land:
Da marschierte nach Berlin
in geschlossenem Verband
Die Brigade Ehrhardt – überall bekannt,
schon damals mit dem Hakenkreuz
und schwarz weiß rotem Band –
Bald war das ganze Land im Kriegszustand
Und die deutsche Armee sah zu vom Rand
Das war alles gut geplant
und zwar von langer Hand
Von Bankier, Fabrikant,
General, Major, Leutnant
Es gab keinen Widerstand,
nirgendwo ein Demonstrant
Die Regierung übermannt,
sozusagen überrannt
Sorgte sich ganz eklatant
um ihren Fortbestand
floh dann kurzerhand
nach Stuttgart in das Schwabenland
so wie ein Emigrant,
und nun wird es interessant
mit dem Rücken an der Wand
probten sie den Aufstand
Leute, bitte nehmt die Sache selber in die Hand
wir rufen auf zum Generalstreik
und zum Widerstand

Hörst du jetzt mal her…

Nicht mal ein Woche und der Spuk war vorbei
trotz der Taten der Soldaten,
der Putschistenpolizei
Von der Isar bis zur Waterkant
war da kein schöner Land
Als hier das unsere weit und breit,
in dieser heißen Märzenzeit
wenn wir uns erstmal finden –
und zwar nicht unter Linden
sondern da wo sie uns schinden –
wenn wir uns dann verbinden
stehen alle Räder still –
was für ein Frühlingsidyll
Wer hätte darauf gewettet –
die Regierung gerettet
war nun wieder an der Macht
und wie auf Rosen gebettet
Nun hätten sie die Wogen
gerne wieder geglättet
Doch weil die Geister, die sie riefen,
jetzt nicht mehr schliefen
Weil die Menschen nicht einfach
wieder auseinander liefen
Sondern Forderungen hatten
und nicht nur Bitten,
nach Bestrafung der Täter
und Friede den Hütten
da rief die SPD in Berlin an der Spree
die ganze Armee, die gleichen Soldaten
Die sie gerade noch verraten
und was die dann taten
Steht nirgendwo zu lesen –
Aber so ist das gewesen

Hörst du jetzt mal her –
oder willst du’s gar nicht wissen?
Wie Menschenwölfe Menschenschafe zerrissen.
Verschluckst du dich beflissen
an gewissen Leckerbissen?
Denkst du dein Gewissen
ist ein sanftes Ruhekissen?
Dann halte dir am besten jetzt die Ohren zu –
Denn worum es hier geht: das ist ein Tabu.
Was soll das Ganze, fragst du –
wen juckt dat schon:
1920 – die Revolution

Text und Musik: Michael Zachcial