Die Grenzgänger

Hört mir zu ihr deutschen Brüder

Hört mir zu, ihr deutschen Brüder,
Was in Bremen ist gesehen,
Die von unsern Landeskindern
Nach Amerika wolln ziehn
Sie verließen ja ihr Heimatland,
sie dachten nach Amerika,
Aber welche Büß’ sie fanden .
War nicht auszugründen da.

Als wir nun nach Bremen kamen,
Hörten wir das Klagen schon,
Greise, Väter, Weib und Kinder schrieen:
Heiliger Gottessohn.
Laß uns ja doch nicht verderben,
Hilf uns frei aus dieser Noth
Schenke uns das ew’ge Leben,
Gieb uns guter Kinder Brot!

Am sechsten März um halber zwölfe
Ward die Reis’ uns angesagt,
Wem’s an hundertzwanzig Gulden fehlet,
Wird als Sklave hier betrachtet.
Diese Reise, soll Gott wissen,
Büßten viele Menschen ein,
Die Haus und Hof und Land verließen,
Büßten Weib und Kinder ein.

Ihr lieben Leute, thuts bedenken,
bleibt in eurem Vaterland,
Wenn sie euch auch gold’ne Berge schenken,
bleibt in eurem Vaterland.

Als wir nun weiter in das Meer hinein kamen,
Trafen wir fremde Schiffe an.
Als sie unsere Flagge hatten,
hörten wir das Klagen schon.
Nun wurden wir vor die Stadt geliefert
Und gezeiget zum Verkauf,
Heißt: es kommen Sklaven-Schiffe
Hört ihr Leute, kauft sie uns ab!

Sind es Weiße, sind es Schwarze,
So verkauft wie Thiere sie,
Sind sie groß und schön gewachsen
Hört ihr Leute, so verkauft man sie.
Keinen Hunger haben wir nicht gelitten,
ich hab Frucht gesät für’s ganze Jahr,
Für’s Vaterland hab’ ich auch gestritten,
Als ich noch zu Hause war.

Ist bei uns die kleinste Hütte
Ist sie doch vor’s Dorf gebaut,
Fürchten wir dort wohl ein Gewitter
Aber doch kein Menschen Raub.

Überliefert durch einen v. Plönnies, 4. August 1858, Hess. Darmstadt.